Liebe Briefleserin, lieber Briefleser
Geht es Ihnen nicht auch so: Wenn die Tage kälter und kürzer werden, das Sonnenuntergangsrot kräftiger leuchtet, die Laubbäume bald keine Blätter mehr haben, zieht es Sie dann nicht auch in die warme gute Stube oder in die Küche? Vielerorts war die Küche der einzige Raum, der im Winter beheizt wurde. Wenn man Glück hatte, war der Kochherd mit einem Kachelofen verbunden und man konnte sich von der eisigen Kälte nach getaner Arbeit auf die Ofenbank zurückziehen und auf den Tag zurück schauen. Oder die Mutter nahm die Strickerei in die Hände, der Vater die Zither. – Es mag sein, dass meine Gedanken allzu nostalgisch sind, aber ist es nicht so, dass man es sich manchmal, gerade in der heutigen Zeit, ein ganz klitzekleinwenig wünscht, wieder in einer Zeit zu leben, als keine künstlichen Sterne in den Himmel geschossen wurden, als man einander noch Briefe schrieb, die Kinder mit einer Gutenachtgeschichte in die Nacht verabschiedete und man zu Weihnachten noch selber Weihnachtsgebäck zubereitet und Weihnachtslieder in der Adventszeit eingeübt hat? Es geht nicht darum, die Zeit zurückdrehen zu wollen, denn damals war nicht einfach alles besser. Die direkte Begegnung jedoch, so wie sie früher stattgefunden hat, stattfinden musste, geht uns immer mehr verloren. Sie ist jedoch der Quellort jeder sozialen Entwicklung. Beim gemeinsamem Tätigsein entstehen Begegnungen wie von selbst.
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